giovedì 5 luglio 2018

gIII23: C1. Abs. 2: Sprachbar. Lektion 1: Kraut und Rüben.

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KRAUT UND RÙBEN

Die deutsche Umgangssprache präsentiert sich mitunter als wahre  Fundgrube für seltsame Wendungen. Da wird am Schlafittchen gepackt, ein Gedöns gemacht und mancher orten sieht’s aus wie Kraut und Rüben. Man stelle sich folgende Szene vor: Zwei Kollegen befinden sich im Büro eines dritten. Da poltert einer los: „Mein lieber Mann, das sieht ja hier wieder aus wie Kraut und Rüben.“ Jetzt reicht’s mir aber. Den nehm’ ich am Schlafittchen. Und dann aber schnurstracks zum Chef mit ihm!“ – „Jetzt mach doch nicht so ein Gedöns. Am Ende bist du doch der Gelackmeierte.“

Wie man Vögel am Fliegen hindert.

Damit lassen wir die beiden allein im heillosen Durcheinander eines Büros, in dem es
chaotisch aussieht, eben wie Kraut und Rüben. Ein Haufen von Rüben, an denen das
Kraut, die Rübenblätter, noch dran sind.



Wenn man auf jemanden stocksauer ist, möchte man ihn schon gerne mal am
Schlafittchen packen. Das Schlafittchen ist abgeleitet von den Wörtern
„Schlagfeder“ beziehungsweise „Schwungfeder“. Wenn man Vögel am Flügelgelenk, dort,
wo die Schlagfedern ansetzen, festhält, dann können sie nicht mehr davonfliegen.



Direkt – oder doch eher hin und her?



Der erboste Kollege aus unserem Minidialog will schnurstracks zum Chef, auf
direktestem Wege heißt das. Zimmerleute spannen – zumindest taten sie das früher –
eine Schnur, um eine gerade Strecke anzuzeigen, oder anders ausgedrückt: die kürzeste
Verbindung zwischen zwei Punkten. Zur Schnur kommt nun noch „stracks“ – vom
mittelhochdeutschen „strackes“ abstammend – was „geradewegs“, „auf dem kürzesten
Wege“ bedeutet.



Der muss nicht unbedingt immer der beste sein, weshalb Kollege zwei im Kraut-und-
Rüben-Büro zu bedenken gibt: „Mach doch nicht so ein Gedöns.“ Man macht ein großes
Gedöns, ein großes Aufhebens von einer Sache, ein überflüssiges Getue, ein Hin und
Her. Das Hin und Her führt uns auf die Spur dieses seltsamen Ausdrucks. „Gedöns“ hat
nichts, wie man vielleicht vermuten könnte, mit „Getön“ oder „Getöse“, sondern mit
„gedense“, dem alten Wort für „hin- und herziehen“ zu tun.




Alles Quatsch!



Der wohlmeinende Kollege hätte auch sagen können: „Mach keinen Quatsch, mach
keine Dummheit.“ „Quatsch machen“ heißt aber auch „Unsinn machen“, netten,
freundlichen Unsinn. „Wir haben den ganzen Abend Quatsch gemacht“, ist der
Ausdruck für harmlose Blödelei, lustiges Miteinandersein. „Quatsch“, von
„quat“ abstammend, bedeutet eigentlich „schlecht“, ja „böse“. Das klingt noch an in den
Ausdrücken: „Lass jetzt das Gequatsche“ und „über jemanden quatschen“.



Zum Unsinn fällt uns aber noch etwas ein: Der heißt in gesteigerter Form auch „Quatsch
mit Soße“. In seiner höchsten Stufe spricht man vom „hanebüchenen Unsinn“. Ja, es
gibt da eine Baumart, die heißt „Hainbuche“, auch „Weißbuche“ oder „Hagebuche“. Das
Holz derselben ist sehr hart und zäh. Zäune und Latten aus hanebüchenem Holz gelten
als besonders langlebig. Denen kann nichts etwas anhaben. Hanebüchenem Unsinn
auch nicht, und gegen hanebüchene Dummheit ist absolut kein Kraut gewachsen.



Verdammt, verflucht und verflixt



„Verflixt und zugenäht!“, wir müssen ja auch noch dem Gelackmeierten ein paar
erklärende Worte zukommen lassen. Aber der harmlose Fluch „verflixt“ darf auch nicht
so einfach im Raume stehen bleiben. Also, „verflixt“ ist eine sprachliche Entstellung aus
„verflucht“ und Ausdruck heftigen Ärgers. „Verdammt noch mal!“ und „Verflixt noch
mal!“ bedeutet dasselbe.



Mit „verflixt und zugenäht“ hat es jedoch eine besondere Bewandtnis. Mit gewisser
Wahrscheinlichkeit stammt der Ausdruck aus der Welt der schlagenden
Studentenbewegungen. Wenn ein Student auf dem Paukboden einen schweren
Schmiss, also eine richtige Schnittwunde, bekam, musste die mitunter sofort zugenäht
werden. Aber, verflixt und zugenäht, davon lassen wir uns doch nicht aus der Fassung
bringen!



Bevor der Lack ab ist …



Der Dichter Fritz Reuter dagegen reimte: „Als mir mein Liebchen die Folgen unserer
Liebe gesteht, da hab ich meinen Hosenschlag verflucht und ihn zugenäht.“ Zu spät,
möchte man sagen, denn immerhin war das Mädchen die Gelackmeierte. Dieser
Ausdruck hat tatsächlich mit „Lack“ zu tun. Lack ist das glänzende Äußere, und dieses
kann täuschen. Die bittere Wahrheit ist unter der Lackschicht verborgen. Wer sich vom
Glanz blenden lässt, ist – wenn er Pech hat – der Gelackmeierte.




Autor: Michael Utz

Redaktion: Beatrice Warken




Glossar



los|poltern – umgangssprachlich für: sich aufregen, lautstark seine Meinung äußern



jemanden am Schlafittchen packen/nehmen – umgangssprachlich für: jemanden
packen, jemanden festhalten



schnurstracks – umgangssprachlich für: auf direktem Weg



Mach doch nicht so ein Gedöns! – umgangssprachlich für: „Reg’ dich nicht so auf!“,
„Mach’ nicht so ein Aufhebens!“



Gelackmeierte, -n/ Gelackmeierte, -n – umgangssprachlich: der/die Getäuschte,
der/die Betrogene



heillos – entsetzlich, schrecklich



Rübe, -n (f.) – eine Gemüse- und Futterpflanze



stocksauer – umgangssprachlich für: sehr wütend, sehr verärgert



Gequatsche (n., nur Singular) – meist belangloses, wenig durchdachtes Reden



hanebüchen – veraltet für: unverschämt, unerhört



Latte, -n (f.) – ein langes, schmales Stück Holz oder Kunststoff



jemandem etwas an|haben – jemandem Schaden zufügen



gegen jemanden/etwas ist kein Kraut gewachsen – redensartlich für: gegen
jemanden bzw. etwas nicht ankommen



Verflixt und zugenäht! – ein Fluch, wenn etwas nicht funktioniert



schlagende Studentenbewegung, -n (f.) – eine Vereinigung von Studenten, die mit
scharfen Waffen fechten



Paukboden, -böden (m.) – veraltet: ein Ort, an dem zwei männliche Mitglieder einer
schlagenden Studentenverbindung, sogenannte Paukanten, miteinander fechten


jemanden aus der Fassung bringen – umgangssprachlich für: jemanden
verunsichern; dafür sorgen, dass sich jemand ärgert



Hosenschlag, -schläge (m.) – hier: Hosenschlitz mit Reißverschluss








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