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A. PMK = Politisch Motiviert Kriminalität.
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a4. Weniger Taten, mehr Reichsbürger, alte Verdächtige – Verfassungsschutzbericht 2017.
- 25.10.2019. Fonte. Von Andreas Peter.
Das Bundesamt für
Verfassungsschutz (BfV) hat in Berlin seinen Bericht für das Jahr 2017
vorgestellt. Darin wird erklärt, dass die Zahl der so genannten
politisch motivierten Straftaten rückläufig ist. Zugleich gibt es mehr
Extremisten von Links bis Rechts. Insbesondere aber das Phänomen der so
genannten Reichsbürger beschäftigt das Amt.
Auf 358 Seiten
listet das Bundesamt für Verfassungsschutz seine Erkenntnisse auf. Von
Politisch motivierter Kriminalität (PMK) von Links bis Rechts, über
Islamismus und islamistischen Terrorismus oder der klassischen Spionage,
bis hin zu Phänomenen wie der Scientology-Sekte oder den so genannten
Reichsbürgern.
Diese bis vor kurzem noch eher als etwas bizarr bis verschroben
belächelte Randgruppe der bundesdeutschen Gesellschaft gerät immer mehr
ins Visier der Verfassungsschützer und macht den Ermittlungsbehörden
zunehmen Sorgen. Der für das Bundesamt für Verfassungsschutz zuständige
Bundesinnenminister Horst Seehofer und der Präsident des Amtes,
Hans-Georg Maaßen, können gar nicht anders als den signifikanten Anstieg
bei der Zahl der so genannten Reichsbürger und Selbstverwalter als den
wesentlichen, herausstechenden Aspekt dieses Verfassungsschutzberichtes
zu erwähnen.
Reichsbürger avancieren zur neuen Problemgruppe der Verfassungsschützer
Denn nicht nur, dass ihre Zahl um über 6500 Personen auf insgesamt
16.500 angestiegen ist. Auf das Konto der so genannten Reichsbürger
gingen im vergangenen Jahr auch 911 so genannte politisch motivierte
Straftaten. Davon wurden 130 als Gewaltdelikte eingestuft. Diese Delikte
wurden für den Verfassungsschutzbericht 2017 zum ersten Mal so explizit
erfasst. Ein Ausdruck des Bedrohungspotenzials, das dieser
Bevölkerungsgruppe durch den Verfassungsschutz beigemessen wird. Und das
hat vor allem auch mit dem auffällig großen Hang von so genannten
Reichsbürgern zum Waffenbesitz zu tun.
©
AP Photo / Keystone/ Sigi Tischler
Etwa 1200 von ihnen besitzen eine Waffenerlaubnis, wie vor kurzem die
Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Fraktion von
Bündnis 90 / Die Grünen im Bundestag ergab. Die Innenminister der Länder
wollen die so genannten Reichsbürger entwaffnen. Dass sie überhaupt
Waffen besitzen dürfen, sagt insofern viel über diese Menschengruppe
aus — als sie ja einerseits vehement die Bundesrepublik als Staat
ablehnen und nicht anerkennen, andererseits sich von genau diesem Staat
Waffenscheine ausstellen lassen und diese dann auch eisern und gegenüber
den Behörden und Gerichten dieses angeblich gar nicht existenten
Staates verteidigen.
Geht es nach Bundesverfassungsschutzpräsident Maaßen, sollten alle so genannten Reichsbürger entwaffnet werden:
„Soweit die waffenrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, Ja.“
ist seine kurz und bündige Antwort. Ob dies bedeute, er wünsche sich
eine entsprechende Änderung des Waffenrechts, kontert Maaßen mit dem
Verweis auf die politischen Zuständigkeiten: „ich bin insoweit hier
nicht der Fachmann für das Waffenrecht, inwieweit hier die
waffenrechtlichen Befugnisse ausreichend sind, um in all den Fällen die
Waffen zu entziehen.“ Doch der Politiker, der neben ihm saß und
obendrein sein politischer Dienstherr ist, äußerte sich zu dieser
spannenden Frage nicht. Horst Seehofer wirkte überhaupt etwas abwesend
in dieser Pressekonferenz.
Möglicherweise genauere Erfassung Grund für Anstieg
Den enormen Anstieg der Zahl der so genannten Reichsbürger erklärt
der Bundesverfassungsschutz auch mit einer deutlich gestiegenen Quote
der Erfassung. Möglicherweise habe es also schon früher eine so hohe
Zahl von so genannten Reichsbürgern und Selbstversorgern gegeben, deren
Ausmaß erst jetzt voll erfasst werde. Ansonsten dürften die
bundesdeutschen Sicherheitsbehörden Schwierigkeiten bekommen, zu
erklären, wieso eine Bevölkerungsgruppe rasant wächst, die dem Staat
in dieser besonders aggressiven und grundsätzlichen Weise feindlich
gegenübersteht.
Wenig tröstlich für Beobachter ist, dass
Bundesverfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen die Reichsbürger noch
nicht als eine geschlossene Bewegung ansieht. Vielmehr handele es sich
um vereinzelt organisierte Gruppen und Einzelpersonen, die sich derzeit
noch vor allem über das Internet vernetzen und gemeinsam kommunizieren.
Und Maaßen erklärt:
„Gleichwohl sehen wir auch durch die
öffentliche Diskussion über Reichsbürger und Selbstverwalter,
Nachahmereffekte und Effekte, dass Personen, die vielleicht psychisch
labil sind, sich für diese Szene stärker interessieren.“
Das müssen wir jetzt erstmal so im Raum stehen lassen, zumal die
Erfahrungen der zurückliegenden Jahre mit so genannten Reichsbürgern
durchaus die Vermutung nahelegen, dass sich besonders Personen mit
Verhaltensauffälligkeiten und Wahrnehmungsverzerrungen für die Idee des
Reichsbürgertums begeistern können.
Rechtsextreme Straftaten rückläufig bei ansteigender Zahl von Rechtsextremen
Wesentlich angenehmere, wenn auch nicht erfreulichere Botschaften
konnten Seehofer und Maaßen über die rechtsextreme Szene in Deutschland
verkünden. Demnach sei die Zahl der so genannten politisch motivierten
Straftaten aus dem rechtsextremen Umfeld im Jahr 2017 um fast 450 Fälle
zurückgegangen. Andererseits ist die Zahl der Menschen insgesamt größer
geworden, die dem rechtsextremen Spektrum zugerechnet werden, nämlich
rund 24.000. Das sind rund 900 mehr als noch ein Jahr zuvor. Und:
darunter könnten sich ungewöhnlich viele besonders gewaltbereite
Rechtsextremisten befinden, denn deren Anstieg beziffert das Bundesamt
mit rund 600 auf nunmehr 12.700.
Zunahme bei Linksextremisten und deren Straftaten
Im linksextremen Spektrum verzeichneten die Verfassungsschützer
sowohl einen Anstieg in der Personengruppe, die man diesem Spektrum
zurechnet auf rund 29.500 als auch einen deutlichen Anstieg der
Gewalttaten um mehr als 37 Prozent oder 447 Taten. Vor allem beunruhigt
Bundesverfassungsschutzpräsident Maaßen, dass es die linksextreme Szene
offenbar wieder geschafft habe, sich zu vernetzen. Insbesondere die so
genannte Interventionistische Linke werde vom Verfassungsschutz als ein
Scharnier zwischen gewaltbereiten Linksextremisten und linken Bewegungen
angesehen.
Spion und Spionage ist nicht gleich Spion und Spionage für den Verfassungsschutz
Glaubt man den Erkenntnissen des Bundesverfassungsschutzes, dann
hatten sie in Bezug auf die Spionageabwehr im Jahr 2017 vor allem mit
den Nachrichtendiensten Russlands, Chinas, des Iran und der Türkei zu
kämpfen. Diese Rangordnung überrascht insofern, als das Bundesamt
einräumen muss, dass die multimedial beschworene große Gefahr einer russischen Manipulation der Bundestagswahlen
eben nur eine herbeigeschriebene und –berichtete gewesen ist. Russland
wird in dem Bericht aber natürlich wieder vorgeworfen, vor allem einen
Cyberkrieg gegen und in Deutschland zu betreiben, also vor allem das
Internet und die sozialen Medien für angebliche Propaganda und
Infiltration zu nutzen.
Sputnik
erinnerte Bundesverfassungsschutzpräsident Maaßen deshalb höflich
daran, dass es da zwei Geheimdienste gibt, denen nachgewiesen werden
konnte, dass sie praktisch den gesamten Email-Verkehr auf der Welt und
beinahe alle Telefonate, ganz gleich, ob über Festnetz oder
Mobiltelefon, weltweit abhören und de facto auch das gesamte Internet
überwachen. Überdies ist erwiesen, dass diese beiden Nachrichtendienste
auch die Mobiltelefone angeblich befreundeter Staats- und
Regierungschefs abhören, wie zum Beispiel das Mobiltelefon von
Bundeskanzlerin Angela Merkel. Diese beiden Dienste sind die
US-amerikanische NSA und der britische GCHQ.
Angesichts des nachgewiesenen unfassbaren Umfangs der Spionage dieser
beiden Dienste, der ja entsprechend umfangreiche technische,
finanzielle und personelle Ressourcen erfordert, drängt sich natürlich
die Frage auf, ob NSA und GCHQ diese riesigen Ressourcen einfach so
abgeschafft haben oder trotz der weltweiten Empörung weiterspionieren,
auch in Deutschland. Für die Frage, welche Erkenntnisse der
Bundesverfassungsschutz denn im Hinblick auf diese beiden staatlichen
Superschnüffler habe, bedankt sich Hans-Georg Maaßen entgegnet dann aber
sibyllinisch:
„Wir haben im Rahmen des 360 Grad Blicks uns
natürlich auch mit unseren anderen Partnern beschäftigt, nämlich mit
denen wir freundschaftlich verbunden sind. Aber wie ich auch schon an
anderer Stelle sagte, Freunde sind nicht immer nur Freunde, sondern man
muss sich auch davor schützen, dass Freunde mal untreu werden können und
ihre Instrumente auch gegen uns verwenden können. Mit Blick eben auf
die westlichen Partner haben wir jedenfalls im zurückliegenden
Berichtsraum 2017 jedenfalls keine Erkenntnisse generieren können, die
dazu führen, dass ich sage, gegen uns ist Spionage oder Sabotage im
Cyberraum betrieben worden.“
Auch Firmenübernahmen von chinesischen Firmen sind dem Verfassungsschutz suspekt
Der Verfassungsschutzbericht listet noch eine zweite Merkwürdigkeit
in Bezug auf die Spionageabwehr durch den Verfassungsschutz auf. Demnach
beobachtet der bundesdeutsche Inlandsgeheimdienst auch die Übernahme
von deutschen Unternehmen durch chinesische Investoren. Das begründet
Hans-Georg Maaßen damit, dass sein Amt festgestellt habe, dass der
Umfang der chinesischen Wirtschaftsspionage im gleichen Maßstab abnahm
wie umgekehrt der Umfang der chinesischen Einkaufstour in der
bundesdeutschen Unternehmenslandschaft zunahm.
Und
da viele bedeutende chinesische Investoren Staatsunternehmen seien, die
zum Teil in sicherheitsrelevanten Industriezweigen Firmen aufkaufen
oder aufkaufen wollen, müsse sich der Bundesverfassungsschutz fragen, ob
der hinter diesen Staatsunternehmen stehende Staat noch weitergehende
Interessen verfolge.
Natürlich darf es niemanden überraschen, dass derartige Überlegungen
bei Staatsunternehmen westlicher Länder nicht angestellt werden.
Ansonsten müssten Akquisitionen beispielsweise von Firmen wie
Vattenfall, SPU, ADIA, PIF, SAMA oder KIA alle vom
Bundesverfassungsschutz observiert werden. Das würde den Regierungen der
betreffenden Staaten sicherlich mehr als ein verwundertes Runzeln mit
den Augenbrauen entlocken.